In Deutschland werden wieder deutlich mehr Kinder geboren und es wird auch ein weiterer Anstieg der Geburtenrate erwartet. Im Jahr 2015 wurden schon mehr als 737.000 Kinder geboren, 2016 sogar gut 792.000.

Erstmals seit 1982 lag die durchschnittliche Kinderanzahl pro Frau bei mehr als 1,5. Diese Entwicklung freut nicht nur Demografen und die Rentenkasse, sondern auch die Babyindustrie, die ganze 10 Milliarden Euro pro Jahr umsetzt, wie das Kölner Institut für Handelsforschung ermittelte.

Kinder als finanzielles Projekt

Ein Kind zu bekommen ist heute nicht mehr so normal und beiläufig wie es einmal war. Heutzutage wird der richtige Zeitpunkt akribisch geplant. Die Frauen wollen erst einmal beruflich Fuß fassen und Erfahrung sammeln, damit der Wiedereinstieg nach der Elternzeit gut gelingt.

Dann soll das Baby kommen. Am liebsten ein Sommerbaby mit Geburtstag zwischen Mai und September – so wünschen es sich viele Paare.

Baby inmitten von Spielzeug

Die Industrie rund um das Baby boomt. (Bildquelle: unsplash.com / Ii Tzuni)

Zyklus-Apps, Ovulationstests oder gar teure Fertilitätscomputer sollen helfen, den perfekten Empfängniszeitpunkt und somit den erhofften Geburtstermin zu planen. Das Geschäft mit dem Nachwuchs beginnt also bereits mit dem Kinderwunsch.

Nahrungsergänzung für Babys

Ebenfalls vor der Schwangerschaft freuen sich auch die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln speziell für Frauen mit Kinderwunsch sowie die Produzenten von Vitaminpräparaten für den besonders fruchtbaren Mann.

Eine Umfrage der TU München mit 500 befragten Frauen ergab, dass 97% von ihnen Nahrungsergänzungsmittel einnahmen.

In der Gesamtbevölkerung sind es gerade mal 28%. Aus Angst dem Kind nicht genügend Nährstoffe bieten zu können, greifen die Frauen auch bereitwillig zu hochpreisigen Produkten – die Pharmaindustrie freuts.

Nicht nur die Babyindustrie profitiert

Nachdem der möglichst digitale Schwangerschaftstest mit Wochenanzeige die erste Gewissheit bringt geht es ab zum Frauenarzt.

Dieser überreicht mit den Worten „Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger“ meist ein umfangreiches Package mit Broschüren zum Thema Baby, Babyerstausstattung und Babypflege, sowie zahlreichen Pröbchen, vom Babyöl über die erste Windel, von den Hygienetüchern für die Wickeltasche bis hin zum ersten Babyshampoo ist alles vertreten.

Die Babyindustrie versucht bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die werdenden Eltern – vor allem die werdende Mutter – an die jeweiligen Produkte zu binden.

Auch der Gynäkologe selbst profitiert von der Furcht, mit dem Baby könnte etwas nicht stimmen, die vor allem Erstlingseltern quält.

Über die gesetzlich vorgeschriebenen 12 Vorsorgeuntersuchungen und drei Ultraschalluntersuchungen hinaus bieten fast alle Frauenärzte zusätzliche Ultraschalls – umgangssprachlich Baby-TV genannt – an, die die Eltern selbst zahlen müssen und das auch gerne tun. In so mancher Praxis werden gleich ganze Pakete angeboten.

Für einen Pauschalbetrag wird automatisch bei jeder Vorsorge ein – eigentlich unnötiger – Ultraschall gemacht und natürlich Bilder des Babys ausgedruckt.

Möglichst früh in der Schwangerschaft melden sich viele werdende Mütter bei sogenannten Babyclubs an, die von den großen Drogerieketten und auch von der Babyindustrie direkt angeboten werden.

Ein Willkommensgeschenk bestehend aus weiteren Pflegeprodukt-Pröbchen und Rabattcoupons ist meist Standard, des Weiteren werden Newsletter mit Informationen zu der jeweiligen Schwangerschaftswoche versendet. Ein Geburtsgeschenk gibt es ebenfalls.

Was braucht ein Neugeborenes?

Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft wird die Babyerstausstattung gekauft. Es ist erwiesen, dass Schwangere durch die Hormonumstellung und vor allem durch das Hormon Oxytocin besonders kauflustig sind.

Zeitgleich sind ihre Kaufentscheidungen emotionaler als sonst. Qualität der Produkte, Tests und Empfehlungen, sowie Gütesiegel spielen eine weitaus bedeutendere Rolle als der Preis. Die Frauen sind weniger risikobereit und machen auch ungern Experimente. Bereits vor der Geburt soll es für den eigenen Nachwuchs nur das Beste sein.

Eine Babyerstausstattung mit Kinderzimmer, Kinderwagen, Babyschale für das Auto, der ersten Kleidung, Pflegeprodukten und einigen Spielsachen lassen sich Eltern gut und gerne 2.000 bis 3.000 Euro kosten. Nach oben sind natürlich keine Grenzen gesetzt. Ob alles Gekaufte wirklich lebensnotwendig ist bleibt fraglich.

Früher wurde die Erstausstattung für das neue Baby innerhalb der Familie „zusammengekratzt“, vererbt oder geliehen. Die werdenden Mütter holten sich Tipps von ihren Müttern, Großmüttern und anderen Frauen aus der Familie.

Unnötiges wurde kaum angeschafft. Experten schätzen, dass vor vierzig Jahren nur rund 250 Euro für Neuanschaffungen ausgegeben wurden.

Nach der Geburt merken viele Eltern, dass ihr Sprössling vor allem Liebe und Aufmerksamkeit braucht, und dass viele ihrer Anschaffungen gar nicht oder erst viel später zum Einsatz kommen.

Bildquelle: unsplash.com / Daiga Ellaby

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